Digitale Hochschule: Switch in vollem Lehrbetrieb an der Hochschule Hannover

schwarzes iphone im homescreen auf beschriebenem papier auf tisch mit stift und monitor

Der Lehrbetrieb war in voller Fahrt, als die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie Präsenzveranstaltungen unmöglich machten. Die Hochschule Hannover (HsH) zeigt, wie auch im vollen Lehrbetrieb der Umstieg auf digitale Lehre gelingen kann.

Semesterstart am 1. März an der Hochschule Hannover (HsH). Der Lehrbetrieb war in voller Fahrt, als die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie Präsenzveranstaltungen unmöglich machten. Damit die Studierenden ihr Studium im Sommersemester 2020 ohne Nachteile weiterführen können, arbeiteten Lehrende und die Teams hinter den Kulissen der HsH in den letzten Wochen auf Hochtouren an Lösungswegen. Der Lehrbetrieb ist zu etwa 75 Prozent auf digitale Lehr- und Lernformen umgestellt, dies erfordert viel Flexibilität und Einsatz von allen Beteiligten. Möglich machte diese schnelle Umstellung das Team E-Learning im Servicezentrum Lehre und die Hochschul-IT der HsH, die die bereits seit 2011 bestehende Infrastruktur für die digitale Lehre nunmehr für die Fernlehre erweitert haben.

So wurde das Lernmanagementsystem Moodle um eine lokale Lösung für Videokonferenzen und Webinare ergänzt. Für die Umsetzung der digitalen Lehr- und Lernszenarien stehen drei Kernszenarien zur Verfügung, diese können auch miteinander kombiniert werden.

  1. Intensivierte Nutzung interaktiver Moodle-Bausteine
  2. Vorlesungsaufzeichnungen über Moodle und Opencast zur Verfügung stellen
  3. Vorlesung als Live-Webinar mit der Moodle-Aktivität Big Blue Button realisieren

Bereits im WS 2019/2020 wurden neue interaktive Plugins in Moodle realisiert, die u.a. ermöglichen, dass Studierende zeitversetzt und auf Wunsch anonyme Verständnisfragen stellen oder PDF-Dokumente mit Anmerkungen versehen (StudentQuiz, Dringende Frage und PDF-Annotator). Kurz nach dem Start des Sommersemesters 2020 haben das Servicezentrum Lehre und die Hochschul-IT die Strategie für Auswahl und Roll-out der Videokonferenzlösung BigBlueButton und des Videostreamingservers Opencast entschieden und umgesetzt. Direkt im Anschluss wurde nachgesteuert, insbesondere mit zwei neuen Servern zur Lastverteilung. Ein engmaschiges Monitoring der Serverkapazität und der benötigten Bandbreite durch die Hochschul-IT hilft, die Auslastung zu beobachten, um bei Bedarf weiter auszubauen.

Lehrende helfen Lehrenden kooperativ

Vor allem das eingerichtete Moodle-Austauschforum wurde seit Beginn sehr gut angenommen, hier findet nunmehr ein intensiver fakultätsübergreifender Austausch rund um die Best Practises in der digitalen Lehre statt. Hilfreich sind darüber hinaus auch die in Moodle eingerichteten Demokurse für Lehrende und Studierende, in denen alle Features gut erklärt werden. Der Support durch das Team E-Learning wird unter erschwerten Rahmenbedingungen aufrecht erhalten – schwerpunktmäßig per Telefon und Ticketingsystem, bei Bedarf auch über Videochat mit Bildschirmübertragung.

Zahlen zeigen hohe Nachfrage

Pro Woche werden zwischen 40.000 und 50.000 Logins von 6.000 bis 7.000 unterschiedlichen Nutzer*innen (Unique Visitors) gezählt. Im Sommersemester 2019 waren es maximal ca. 30.000 Logins von 5.000 unterschiedlichen Nutzer*innen. Auch die Zahl der eingerichteten Kurse ist deutlich gestiegen: von 985 im Sommersemester 2019 auf aktuell 1.360, was eine Zunahme um rund 40 Prozent ausmacht. Darüber hinaus sind mittlerweile fast 1.000 BigBlueButton-Räume eingerichtet und über 1.000 Videos bei Opencast veröffentlicht.

Lösung in Notsituation birgt Zukunftschancen

Die große Chance dieser Ausnahmesituation liegt darin, das Angebot des Servicezentrums Lehre für die digitale Lehre dauerhaft zu etablieren. Mit dem aktuellen Ausbau der Systeme und den vielseitigen Lernerfahrungen bei allen beteiligten Personen ist ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung getan, der sich in den nächsten Monaten und Jahren positiv auswirken wird.

Nicht alles läuft sofort reibungsfrei: Alle berichten von einer sehr steilen Lernkurve und von der Bewältigung der vieler zusätzlicher Aufgaben bei gleichbleibenden Ressourcen. Technisch und organisatorisch herausfordernd sind verkürzte Testphasen und mangelnde Planbarkeit sowie die Schaffung  hochschulweit einheitlicher Systeme und Abläufe, die den Sicherheits- und Datenschutzansprüchen genügen. Die geäußerten Reaktionen aus der HsH sind dabei durchweg positiv. Die beteiligten Kolleg*innen aus Technik, Didaktik und Verwaltung freuen sich über Flexibilität und Engagement der Lehrenden und Studierenden, die kurzfristig sogar Unterstützung mit Hilfskräften angeboten haben – obwohl alle sich selbst mit dieser neuen Situation zurecht finden mussten.

Niedersachsen.digital

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Wir sind die Plattform der digitalen Vorreiter Niedersachsens. Wir vernetzen die digitalen Köpfe unseres Landes und teilen deren Wissen. Wir stellen Best-Practice-Lösungen aus Niedersachsen vor und diskutieren aktuelle Trends. Alles für ein Ziel: Mehr Niedersachsen nachhaltig zu digitalen Vorreitern zu machen. Im Beruf und privat.

Comments

Michael Clasen

Als Hochschullehrer an der HsH kann ich die Aussagen des Beitrages bestätigen. Technisch und organisatorisch funktioniert die Online-Lehre überraschend gut und natürlich birgt diese Technologie noch enormes Potential. Die Nachfrage seitens der Studenten ist bei meinen Kursen aber eher gering gewesen. Bei einer Kohortengröße von ca. 70 waren selten mehr als 20 Studenten online. Wie viele wirklich mitgearbeitet haben kann ich nicht sagen, da niemand die eigene Kamera angeschaltet hatte.

Der größte Nachteil der Online-Lehre ist aber, dass die Qualität zumindest meiner Lehrveranstaltungen um 1-2 Größenordnungen schlechter ist, als bei der Präsenzlehre. Ein Grund wird sein, dass mir die online Lehre überhaupt keinen Spaß macht. Ganz im Gegenteil zur Präsenzlehre.

Wir müssen aufpassen, dass sich die Qualität der Lehre nicht zu einem Residuum entwickelt, dass nach der Beachtung unzähliger Nebenbedingungen hoffentlich noch übrigbleibt. Werden wir unserem Bildungsauftrag noch gerecht, wenn Hochschulen zwar vorbildlich die Corona Krise meistern, alle Gender-Kriterien erfüllen, tolle Arbeitgeber sind (hier arbeite ich gerne) und jedem wie auch immer qualifizierten Schüler die Chance auf ein Hochschulstudium geben (offene Hochschulen), am Ende aber keine Qualität mehr herauskommt. Ein Bachelor-Zeugnis nach Regelstudienzeit zu verleihen reicht nicht aus.

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