Corona App gegen die Pandemie? Ein Meinungsaustausch digitaler Vorreiter (Videobeitrag)

Benedikt Hüppe im Gespräch über die Corona App

Vor zwei Tagen haben wir hier erste Gedanken und Impulse zu einer Corona App im Kampf gegen die Pandemie widergegeben. Das ZDIN hat in der Folge auf unserem Portal ebenfalls einen informativen Beitrag hierzu veröffentlicht. Das war Anlass genug für uns, mit digitalen Vorreitern aus Niedersachsen ins Gespräch zu kommen, um mehr über die Voraussetzungen, Folgen und den technischen Rahmen einer solchen App zu erfahren!

Das Gespräch ist in voller Länge auf unserem neuen Youtube-Kanal verfügbar:

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Digital Basics: Tracking-Methoden im Vergleich

Um die möglichen Varianten beim Tracking zu beleuchten, stellen wir nachfolgend die drei am häufigsten diskutierten Varianten für die Anwendung in einer Corona App vor.

Funkzellenabfrage
Jedes angeschaltete Mobiltelefon, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Funkzelle angemeldet war, wird automatisch registriert. Anhand dieser Informationen können Bewegungsprofile erstellt werden.

Vorteile:
– Hohe Reichweite, da keine zusätzliche Einwilligung oder Installation einer App notwendig ist
– Schnell einsatzbereit, da übliches Verfahren bei der Strafverfolgung

Nachteile:
– Ungenau (50m in Städten, mehrere Kilometer auf dem Land)
– Es müssen sehr viele Datenpunkte gespeichert werden
– Keine Möglichkeit der Einwilligung

GPS-Daten
Jedes Handy speichert automatisch seine GPS-Daten. Bürger können einwilligen, dass bestimmte Apps auf die Daten zugreifen dürfen. Anhand dieser Informationen können Bewegungsprofile erstellt werden.

Vorteile:
– Relativ hohe Genauigkeit in der Fläche (einen Meter)
– Datenschutzkonforme Einwilligung möglich

Nachteile:
– Geringe Genauigkeit bei Erfassung der Höhe eines Standorts (Probleme bei Hochhäusern)
– Unzuverlässig, insbesondere in Gebäuden
– Installation einer App erforderlich
– Es müssen sehr viele Datenpunkte gespeichert werden

Bluetooth
Jedes Handy mit eingeschalteten Bluetooth sendet ein Signal aus und wird somit für ein zweites Handy sichtbar. Dieser Kontakt wird (pseudonymisiert) registriert. Es werden keine Bewegungsprofile erstellt.

Vorteile:
– Hohe Genauigkeit bis auf wenige Meter
– Es werden keine Daten zu Kontaktstandort und -zeitpunkt erfasst, sondern nur ob ein Kontakt stattgefunden hat
– Datenschutzkonforme Einwilligung
– Dezentrale Speicherung der Daten möglich

Nachteile:
– Viele Nutzer schalten Bluetooth regelmäßig aus (IT-Sicherheit, Akku)
– Installation einer App erforderlich
– Da keine Ortsdaten gespeichert werden, gibt System keine Informationen über die regionale Ausbreitung des Virus

Corona Apps im Ländervergleich

China
Einwohner mussten zunächst über eine Mini-App, die in WeChat oder Alipay integriert ist, Auskunft über ihren Gesundheitszustand, ihre vergangenen Aufenthaltsorte und weitere Informationen geben. Die App analysiert zudem den Gesundheitszustand über eine Gesichtserkennung.
Danach erhielt jeder Bürger einen Gesundheitscode auf sein Smartphone geschickt:

• Grün = keine Einschränkungen
• Gelb = 7 Tage Quarantäne
• Rot = 14 Tage Quarantäne.

Laut Medienberichten machen viele Bürger falsche Angaben im Online-Fragebogen, um einen grünen Code zu erhalten.
Viele Arbeitgeber, Wohnkomplexe, Läden, öffentliche Gebäude und öffentlichen Verkehrsmittel fragen den Code am Einlass ab. Zusammen mit den Daten, die ohnehin über die chinesische Bevölkerung erhoben wird, kann ein detailliertes Bewegungsprofil der Bürger erstellt werden. Zudem müssen sich Einwohner über SMS oder Apps der Telefongesellschaften den Aufenthaltsort der letzten 14 Tage bestätigen lassen. Die Apps und Systeme unterscheiden sich je nach Region.

Singapur
Die in Singapur verwendete App Trace-Together nutzt Bluetooth und gilt als Vorbild für PEPP-PT. Allerdings gilt Trace-Together als weniger datenschutzfreundlich, da die Telefonnummern der Nutzer gespeichert werden.
Auf dem Smartphone wird für jeweils 21 Tage gespeichert, welche anderen App-Nutzer sich im Umkreis von wenigen Metern aufgehalten haben.
Wer an Covid-19 erkrankt, muss der Regierung den Zugriff auf sein Profil gewähren, damit sie alle darin gespeicherten App-Nutzer gezielt warnen kann. Der staatliche Zugriff auf die Daten kann aufgrund des Seuchenschutzgesetzes nicht abgelehnt werden. Die App wird von ca. 20 Prozent der Einwohner genutzt. Manche Nutzer kritisieren, dass nicht alle Kontakte zuverlässig erfasst werden. Die Entwickler empfehlen zur Verbesserung der Genauigkeit, die App geöffnet zu lassen. Dies ist allerdings wenig praxistauglich.
Wer sich in Heimquarantäne befindet muss durch das GPS seines Mobiltelefons oder auch spontan abgefragten Handy-Fotos seiner Umgebung ständig nachweisen, dass er sich tatsächlich in seiner Wohnung aufhält.

Österreich
In Österreich ist bereits die App „Stopp-Corona“ des Roten Kreuzes verfügbar. Ähnlich wie bei PEPP-PT wird eine Art Kontakttagebuch über Bluetooth und Ultraschall geführt. Allerdings findet der „digitale Handshake“ nicht automatisiert statt, sondern muss manuell erfolgen. Dies schränkt die Praxistauglichkeit enorm ein. Es wird an einer automatischen Lösung gearbeitet, die allerdings datenschutzrechtlich geprüft werden muss. Zudem informiert die App nur Personen, mit denen ein Infizierter in den letzten 48 Stunden in Kontakt stand.

Hongkong
In Hongkong werden alle neu Einreisenden (alle müssen zunächst zwei Wochen in Selbstquarantäne) und Infizierten mit einem Armband ausgestattet und müssen sich die entsprechende App „StayHomesafe“ runterladen, die dann alle Bewegungen verfolgt.

Taiwan
Das Land kontrolliert mit Hilfe von GPS-Daten, ob Quarantäne-Auflagen eingehalten werden. Das Handy muss der Infizierte ständig bei sich tragen. Die Behörden rufen mehrmals täglich an, um dies zu überprüfen. Wer kein Handy hat, bekommt eins vom Staat geliehen.

Israel
In Israel hat die Übergangsregierung per Notstandsdekret verfügt, dass der Inlandsgeheimdienst Schin Bet die Bewegungsdaten aller Handybenutzer im Land sammeln darf, um die Einhaltung der Quarantänebestimmungen und der Ausgangssperren zu überwachen. Wer sich nicht daran hält, wird von einer Spezialeinheit der Polizei aufgesucht, es drohen sogar Haftstrafen. Das Überwachungsprogramm wurde für 30 Tage genehmigt – ohne parlamentarische Kontrolle.

Montenegro
In Montenegro werden Namen und Privatanschrift aller Menschen, die Quarantäne-Auflagen einhalten müssen, im Internet veröffentlicht.

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